ALEX HOSTER
27 Jun
27Jun

Ueli Hagen aus Hüttwilen gehörte zu den Ersten, die hierzulande Whisky brannten. Das tat er nicht nur aus Liebe zum Produkt, sondern auch um seiner Lohn-Brennerei eine Zukunftsperspektive zu erschliessen. 


HÜTTWILEN - Wie kommt ein Landwirt am Hüttwilersee dazu, Single Malt Whisky zu brennen? «Das hängt mit der Geschichte unseres Familienbetriebs zusammen», erklärt Ueli Hagen, «schon mein Grossvater hat 1917 als Zusatzeinkommen zum Landwirtschaftsbetrieb eine Brennkonzession gelöst». Seither betreiben die Hagens eine Lohnbrennerei, deren Einzugsgebiet die beiden Dörfer Nussbaumen und Hüttwilen umfasst. «Als 1999 die Alkoholgesetzgebung liberalisiert und das Brennen von Getreide, Kartoffeln, Gemüse und exotischen Früchten zugelassen wurde, besuchte ich einen Getreidebrennkurs, um mir auch diese Option zu eröffnen», erzählt Hagen.
«Das ist nämlich etwas ganz anderes als der Obstbrand». Während Früchte eigenen Zucker besitzen, der vergärt und die Grundlage für den Brand bildet, enthält das Getreide Stärke, welche erst im Wachstum in Zucker umgewandelt wird. Deshalb muss man es mälzen (d. h. ankeimen), bevor man es vergären und später brennen kann. Der ganze Prozess umfasst verschiedene Arbeitsgänge, wie Trocknen, Schroten, erneutes Befeuchten, und ist so arbeitsintensiv, dass Hagen das Getreide ausgemälzt ankauft. «Eigenes Getreide zu verwenden, wäre zwar reizvoll», sagt er, «aber es ist viel aufwendiger und teurer». 


Ueli Hagen, hier in seiner Brennerei in Hüttwilen, befasste sich als einer der Ersten in der Schweiz mit der Herstellung von Whiskey.


Als einer der Ersten in der Schweiz befasste er sich mit dem Thema Whiskyproduktion und dahinter steckt natürlich auch, dass er Whisky ganz gerne mag. Aber ebenso wichtig waren bei seiner Entscheidung auch Marke-tingüberlegungen: «Das Potenzial bei einem Whisky ist halt sehr gross: Das Getränk ist weltweit verbreitet, es hat eine Geschichte, es gibt Klubs und Vereine - und es hat einen Kultstatus», sagt er. Zudem habe er damit in der Schweiz deutlich weniger Konkurrenten als bei Obstbränden.


Als Ueli Hagen seinen ersten Whisky auf der alten Brennanlage brannte, stellte sich gerade die Frage, ob man nochmals viel Geld in eine neue Anlage investieren oder aufhören solle. Hagen junior aber sah im Whisky seine Chance und wagte den Schritt. Seither hat er viel gepröbelt und Erfahrung gesammelt: «Ausgangsprodukte, Herstellung und Lagerung - das alles beeinflusst die Qualität», erklärt er. So verwendet er heute für die Lagerung Eichenfässer von 50 oder 100 Litern, weil bei ihnen der Einfluss des Holzes kalkulierbar ist. Auch das Wasser ist sehr wichtig; für seinen Single Malt verwendet er Quellwasser vom Seerücken. «Alles in allem ist die Whiskydestillation ein interessantes Gebiet», sagt Hagen, «aber die Produktpflege dauert länger und ist intensiver als bei anderen Destillaten.» Dies nur schon deshalb, weil ein Getreidebrand nachweislich drei Jahre im Fass gelagert werden muss, bevor er als Whisky in den Handel gelangen darf. 


Bei Whiskyfans bekannt 

Ebenso wichtig wie das Produkt ist für Hagen die Vermarktung. «Das Auge kauft schliesslich mit», sagt er, «dementsprechend haben wir unsere Etiketten gestaltet.» Doch während auf den ersten noch viel Englisch zu lesen war, ist man später wieder davon abgekommen - man sei ja schliesslich von hier: «Wir wollen uns nicht mit anderen messen, sondern für uns selber gut sein. Wenn wir dadurch Vergleiche bestehen, im Markt mithalten, Liebhaber finden können, freut uns das natürlich umso mehr», sagt er. Seinen Single Malt verkauft er bis heute nur direkt. Dennoch hat er bereits in der einschlägigen Fachpresse und in wichtigen Whiskyführern Eingang gefunden. Und demnächst möchte er auf dem Seehof an idyllischer Lage am südöstlichen Ende des Hüttwilersees auch einen Degustations- und Verkaufsraum einrichten. «Unsere Whiskyproduktion stösst auf grosses Interesse», sagt er. «Immer wieder kommen Gruppen für Führungen und Degustationen vorbei.» Noch machen die eigenen Produkte nur etwa einen Zehntel des gesamten Brennvolumens aus. Hagen sieht sich nach wie vor hauptsächlich als Lohnbrenner für die Bauern in der Umgebung und für Private, die Früchte aus ihrem Garten brennen lassen wollen. Zudem betreibt die Familie Hagen auf dem Seehof «daneben» ja auch noch Milchwirtschaft und Ackerbau.

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